IN-UM-WELT
„In unserer modernen Wohnumwelt gibt es eine reihe von Faktoren, die in ihrer Summe die Anpassungsfähigkeit des menschen überschreiten. Die Gestaltung der Welt der letzten Jahrzehnte wurde insbesondere in den Industrienationen wesentlich von technischen und ökonomischen Faktoren geprägt und hat sich dadurch von den eigentlichen Bedürfnissen der menschen entfernt. Deshalb entwickelt sich eine neue Einstellung zu den dingen. Ein Bewusstseinswandel setzt ein und ein Paradigmenwechsel steht an. In diesem rahmen erscheinen alte Weisheiten in neuem lichte: „ Es sind nicht die Dinge, die uns bedrücken, sondern unsere Sicht der Dinge.“ (Epiktet, stoischer dichter, 50-138 n.chr.).
Der vorbeschriebenen Problematik liegen bestimmte Systemstrukturen und in Bezug auf ggf. nicht erreichbare Ziele entsprechende systemimmanente Fehler zugrunde, weshalb der Mensch – solange er sich innerhalb seiner scheinbar bewährten Ordnungsstrukturen bewegt – nichts an diesem Kreislauf ändern kann. Erst ein gewisser Abstand zu oder Ausbrechen aus diesen Strukturen, was in der Regel ein erhöhtes Bewusstsein und eine erhöhte Aufmerksamkeit sowie eine erhöhte Eigenverantwortlichkeit bedingt, führt zu Ansätzen, die zu einer Lösung führen können.
Deshalb ist bei einem Ansatz, etwas wirklich ändern zu wollen, vieles neu zu überdenken und somit sind viele Themen von Belang, die wir in unserem Architekturalltag nicht bedenken.
- Die Umweltbelastung nimmt schneller zu als das Umweltbewusstsein.
- Eine Scheinheiligkeit der Aufklärung geht Hand in Hand mit konservativen Wirtschaftsinteressen.
- In unseren Gehirnen fallen Entscheidungen, bevor wir selbst darum wissen.
- Unser industriell geprägtes Weltbild bietet keine ganzheitlichen Lösungen an.
- Die Erkenntnisse der Quantenphysik veränderte die Sicht der Dinge und ihrer Wechselwirkungen und findet kaum Einzug in das Bewusstsein und Denken der Menschen.
Um die anspruchsvollen Kriterien einer neuen Baukultur zu erfüllen, sind Planer für die Gesellschaft erforderlich, die ein ganz spezifisches Wissen haben sollten, nämlich nicht nur das Wissen, wie man plant und baut sondern auch das Wissen um den Menschen, für die man baut. Dieses Doppelwissen ist im heutigen Bauwesen nicht vorhanden. der Planer ist heute dieser Aufgabenstellung nicht gewachsen. Von dem Wissen um die Menschen hat er allenfalls in der Schule im Biologieunterricht gehört, und wenn es hoch kommt, kann er sich an eine harmonikale Architektur der Griechen erinnern. Das Doppelwissen ist nicht das Wissen einer noch so genialen Person, sondern das Wissen eines Berufsstandes, mehr noch: mehrerer miteinander zu verbindender Berufe, der gesamten Baubranche, samt den technologischen, biologischen und humanwissenschaftlichen Bereichen, die man bisher noch nicht dazu gezählt hat.
Es ist erforderlich, dass die Natur- und Humanwissenschaften und Ingenieurtechniken, insbesondere die Disziplinen Soziologie, Psychologie, Pädagogik, Medizin, Raum- und Verkehrsplanung, Design und Gestaltung im Rahmen der Erkenntnisse der Quantenphysik und z.B. der Hirnforschung zu einer echten Zusammenarbeit zusammen kommen. Es gilt, der Tendenz zur Anpassung und Reglementierung durch Normung und Sachzwänge ein neues Leitbild humaner Qualität des Lebens und des Schaffens von Kulturräumen – im speziellen des Planens und Bauens – in einem explizit dafür zu schaffenden Freiraum umzusetzen.
Es wäre nach meinem Dafürhalten eine gleichfalls lohnenswerte wie auch unabdingbar notwendige Aufgabe, und angesichts der aktuellen Gesamtproblematik gibt es keine wirkliche Alternative.”
Info-Veranstaltungen organisiert von Michael Nübold, Bezirksgruppenvorsitzender der Bezirksgruppe Karlsruhe (Ausbildungsrunden Nübold, donnerstags)